Sie sind unsichtbar, dennoch tragen sie in entscheidendem Maße zu Gesundheit und Wohlbefinden bei: Die Rede ist von den Billionen an Mikroorganismen, die den Verdauungstrakt, die Haut und weitere Körperregionen bevölkern. Dank intensiver medizinischer Forschung kommt man der Wirkung der Kleinstlebewesen auf den menschlichen Organismus zunehmend auf die Spur.
Unter einem Mikrobiom versteht man in der Medizin die Gesamtheit an Mikroorganismen – Bakterien, Viren, Pilze und Hefen – die eine bestimmte Körperregion besiedeln. Beim Menschen findet man ein Mikrobiom überall dort, wo der Organismus Kontakt zur Außenwelt hat: Auf der Haut, in Mund und Nase und im Darm. Bei Frauen zusätzlich noch in der Scheide sowie in Schwangerschaft und Stillzeit auch an den Brustdrüsen.
Es gibt demnach nicht nur ein Mikrobiom, sondern verschiedene Mikrobiome wie das Haut-Mikrobiom, das Mund-Mikrobiom, das Nasen-Rachen-Mikrobiom und das vaginale Mikrobiom. Am besten untersucht ist bislang das Darm-Mikrobiom.
Der Begriff Darmflora, der zuweilen noch als Synonym für das Darm-Mikrobiom verwendet wird, geht auf die frühere Einordnung von Mikroorganismen als Pflanzen zurück. In der Wissenschaft spricht man nur noch vom Darm-Mikrobiom.
Das Darm-Mikrobiom gilt mittlerweile als eigenständiges Organ. Bei den Mikroorganismen, die den Darmtrakt besiedeln, handelt es sich in erster Linie um Bakterien. Etwa 800 bis 1.000 verschiedene Bakterienarten, deren überwiegende Anzahl der Gesundheit förderlich ist, tummeln sich in unserem Darm: Insgesamt ca. 10-100 Billionen Bakterien, was in etwa einem Gewicht von 1,5 bis 2 kg entspricht. Damit sie von der Darmpassage nicht weggeschwemmt werden, haften sie an den Darmwänden in Biofilmen. Die mikrobielle Verteilung im Magen-Darm-Trakt ist ungleichmäßig: Während Magen und Dünndarm relativ keimarm sind, weist das Mikrobiom im Dickdarm eine große Dichte auf.
Mit pathogenen Bakterien beschäftigte sich bereits im 19. Jahrhundert der französische Physiker und Biochemiker Louis Pasteur, einer der Mitbegründer der Mikrobiologie. Basierend auf Untersuchungen von Darmbakterien zeigte später sein Schüler Elie Metchnikov die positiven Effekte von Milchfermenten auf die Darmflora und brachte die Idee auf, dass bestimmte Bakterien keine pathogenen, also krankheitserregenden, Auswirkungen auf den Organismus haben, sondern stattdessen entscheidend zu unserem Wohlbefinden beitragen können.
Zwischenzeitlich weiß man sicher, wie vielseitig der Einfluss des Darm-Mikrobioms auf unsere Gesundheit sein kann und auf welche physiologischen Funktionen sich das bakterielle Ökosystem positiv auswirkt. Im Wesentlichen erfüllt es verschiedene wichtige Aufgaben:
Zudem werden vom Darm Signale an das Gehirn gesendet. Über Vagusnerv und Blutkreislauf, die sogenannte Darm-Hirn-Achse, ist der Verdauungstrakt mit dem Gehirn verbunden. Wissenschaftler bezeichnen den Darm häufig auch als „zweites Gehirn“. Seine Botschaften erreichen sogar Hirnregionen, die unsere Emotionen beeinflussen – befindet sich also der Darm im Gleichgewicht, wirkt sich das auch positiv auf unsere Stimmung aus.
Um die 2.000 verschiedene Arten an Darmbakterien haben Medizinforscher bislang entdeckt. Zwar sind in einem Menschen durchschnittlich nur mehrere hundert Spezies im Körper beheimatet, deren genaue Zahl und um welche Bakterienarten es sich handelt, hängt von etlichen Faktoren ab. Jedes Darm-Mikrobiom ist einzigartig, selbst bei Zwillingen ist die Zusammensetzung der Mikroorganismen nicht identisch.
Entscheidend geprägt wird das Darm-Mikrobiom bei der Geburt und in der frühkindlichen Phase. Schon die Geburtsmethode wirkt sich auf die Bakterienvielfalt aus. Erblickt das Kind auf natürlichem Weg das Licht der Welt, nimmt es im Geburtskanal bereits gesunde Keime wie Bifidobakterien mit, die eine Rolle bei der Ausbildung des Immunsystems spielen. Deren Anteil und der von Laktobazillen wird durch das Stillen mit Muttermilch noch erhöht. Folgenahrung und das familiäre Umfeld wirken sich ebenfalls stark auf die bakterielle Gemeinschaft aus.
Nach den ersten zwei bis drei Lebensjahren gilt das Darm-Mikrobiom als ausgereift. Seine Zusammensetzung kann den Gesundheitszustand ein Leben lang beeinflussen.
Im Erwachsenenalter bleibt es zwar relativ stabil, der individuelle Lebensstil und äußere Einflüsse tragen allerdings dazu bei, ob sich das Darm-Mikrobiom in eine günstige Richtung entwickelt oder das empfindliche bakterielle Gleichgewicht gestört wird.
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Diese Kriterien, bei der Suche nach den besten Probiotika, sollten Sie beachten.
Damit die Präparate ihre Effekte voll entfalten können, ist bei der Einnahme einiges zu beachten.
Wichtig ist, dass die Wahl auf das geeignete Mittel fällt. Lies hier nach, was zu
In einem gesunden Darm befinden sich die verschiedenen Mikroorganismen in der Balance. Mediziner nennen das Eubiose. Sie zeichnet sich durch ein reichhaltiges und breites Spektrum an Bakterien aus, die eine rege Stoffwechselaktivität aufweisen und dabei z.B. Ballaststoffe fermentieren.
Besteht nur eine geringe Artenvielfalt oder nehmen schädliche Keime überhand, kann jedoch leicht ein quantitatives und/oder qualitatives Ungleichgewicht entstehen. Diese sogenannte Dysbiose ist ein in unseren Breitengraden häufig auftretendes Problem. Ausgelöst wird dieser Zustand unter anderem durch
Aufgrund der Resilienz-Fähigkeit des Darm-Mikrobioms kann den Angriffen schädlicher Bakterien bis zu einem gewissen Maß standgehalten werden. Hält die Dysbiose aber länger an, kann sich das negativ auf die Gesundheit auswirken.
Ein Ungleichgewicht im Darm kann sich durch Symptome wie Blähungen, Verstopfung oder Durchfall und Schmerzen im Bauchbereich äußern oder durch Infektionen wie z.B. Entzündungen der Atemwege, Harnwegsinfekte oder Scheidenentzündungen, die in direktem Zusammenhang mit den Verdauungs-, Immun- und Stoffwechselfunktionen des Darm-Mikrobioms stehen. Da auf mehreren Ebenen eine Wechselwirkung mit unserem gesundheitlichen Zustand besteht, können auch anhaltende Erschöpfungszustände und Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Migräne oder Allergien sowie bestimmte Autoimmun- und Stoffwechselerkrankungen oder selbst neurodegenerative Erkrankungen Hinweise auf eine Dysbiose liefern.
Auch wenn die Weichen für die bakterielle Besiedlung unseres Darms bereits in frühester Kindheit gestellt werden, belegen die Ergebnisse zahlreicher aktueller Studien und Untersuchungen an gesunden und kranken Menschen, dass wir in jedem Alter noch einiges dafür tun können, um das Mikrobiom zu verbessern – mit einfachen Maßnahmen, die ohne großen Aufwand in den Alltag eingebaut werden können.
Eine maßgebliche Rolle zur Stärkung des Darms spielt die Ernährung. Mediterraner Kost werden bereits seit langem gesundheitsfördernde Effekte zugeschrieben, vor allem wenn es darum geht, überflüssige Pfunde zu verlieren, den Cholesterinspiegel zu senken und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.
Das Schöne an diesem Ernährungsstil: Es handelt sich nicht um eine Diät, bei der Kalorien gezählt und etliche Nahrungsmittel rigoros vom Speiseplan verbannt werden, sondern um eine gut bekömmliche und wohlschmeckende Alternative zur hierzulande häufig stark von Produkten tierischen Ursprungs dominierten Kost. Stattdessen kommen viel frisches Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide auf den Tisch, mehr Fisch und weniger Fleisch. Süßspeisen sind besonderen Anlässen vorbehalten. Zudem ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (täglich ca. 1,5 bis 2 Liter Mineralwasser oder zuckerfreie Kräuter- und Früchtetees) zu achten.
Wie zwischenzeitlich nachgewiesen wurde, basiert der positive Einfluss des mediterranen Ernährungsstils auf dem hohen Anteil an Ballaststoffen in den pflanzlichen Nahrungsmitteln, was auch unserem Darm-Mikrobiom zugutekommt. Ballaststoffreiche Lebensmittel haben eine präbiotische Wirkung. Sie ernähren die nützlichen Bakterien im Darm, die wiederum durch Gärung die kurzkettigen Fettsäuren (SFCA) Azetat, Proprionat und Butyrat produzieren und damit Energie aus nicht verdauten Ballaststoffen gewinnen. Vor allem Butyrat spielt eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung einer Dysbiose und daraus resultierenden Erkrankungen. Um das bakterielle Gleichgewicht im Darm zu erhalten, ist die tägliche Zufuhr von 30 g Ballaststoffe angeraten.
Anhaltender Stress und zu wenig Schlaf sowie schlechte Angewohnheiten wie Rauchen oder häufiger Alkoholgenuss können sich negativ auf das Mikrobiom auswirken. Stattdessen kann tägliche Bewegung – zum Beispiel in Form eines halbstündigen Spaziergangs in zügigem Schritttempo – einen positiven Effekt auf das Darmsystem ausüben.
Zusätzlich kann auch die Einnahme von Probiotika eine hilfreiche Maßnahme zur Stabilisierung darstellen. Verschiedene Studien kommen zum Ergebnis, dass die Anwendung einen günstigen Einfluss auf das Immunsystem oder Erkrankungen wie das Reizdarmsyndrom haben kann. Während oder nach einer Antibiotika-Therapie können Probiotika förderlich sein, um ein unausgeglichenes Mikrobiom wieder aufzubauen.
PiLeJe Laboratoire
Wiederherstellung der Darmflora, hat positiven Einfluss auf das Immun- und Verdauungssystem.
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